Orgelsommer in Espelkamp
Robert Grundmann
Musik für flotte Finger und flinke Zunge
Orgelsommer in der Michaelskirche: Musik für Orgeln und Blockflöten aus fünf Jahrhunderten. Vogelstimmen sind das Leitthema.
Von Robert Rolf Grundmann
Espelkamp.
„Alle Vögel sind schon da“ erklang als musikalisches Motiv mit hohem Wiedererkennungswert beim Orgelsommer in der Michaelskirche. Alle Vögel waren nicht zu hören, aber immerhin durfte die Nachtigall singen, der Kuckuck rufen, der Distelfink zwitschern und auch der Colibri hatte seinen musikalischen Auftritt. – Die Henne war in Ludwig Zöschingers „Parthia F-Dur“ im ersten Satz „Allegro“ dagegen nur pickend zu hören.
Vogelstimmen haben Komponisten immer wieder inspiriert – zu tief religiösen Werken wie bei Olivier Messiaen, der 700 Vogelstimmen unterscheiden konnte, oder ganz profan wie bei John Cage, der die Stimmen der gefiederten Sänger mit Alltagsgeräuschen kombinierte. Seinem Stück gab er den Namen: „Bird Cage“, wobei ihm das Wortspiel mit seinem Namen gefallen haben dürfte.
Die Hochschullehrerin und Flötistin Elisabeth Schwanda trat zum zweiten Mal vor das Espelkamper Publikum, um mit ihrem früheren Schüler, Kantor Tobias Krügel und Christoph Heuer Musik aus fünf Jahrhunderten zu zelebrieren. Die Idee, Vogelstimmen als roten Faden für ein Konzertprogramm zu wählen, habe die international gefragte Instrumentalsolistin nach ihrem ersten Auftritt in der Stadt im Grünen geäußert, so der Kantor der Martinsgemeinde im Gespräch mit dieser Zeitung, als es darum gegangen sei, ein weiteres Konzert ins Auge zu fassen.
Nicht nur mit den Fingern müsse man flott sein, manchmal brauch man auch noch eine flinke Zunge, so Schwanda als sie das Stück „Schlaflied für eine Colibri-Junicanarie“ ankündigte.
Während „Engels Nachtegeitje", das Rondo „Le Coucou" und Antonio Vivaldis Konzert in D-dur „Il Cardellino" (Der Distelfink) sich auf den Gesang eben dieser Vögel bezogen, steuerte Elisabeth Schwandas 1930 geborener Solistenkollege und Komponist Hans-Martin Linde „Music for a bird" zum Programm bei. Das Publikum spürte die Spielfreude der Flöten-Dozentin, genoss deren Virtuosität, ließ sich von der Fröhlichkeit der Musik und des Vortrags anstecken. Auch bei schnellen Läufen und anderen spieltechnischen Anforderungen blieb die Klanggestaltung angenehm und elegant, unaufgeregt und natürlich. Die Zuhörer belohnten dieses Können mit anhaltendem und kräftigem Applaus.
Applaus hatten sich auch Christoph Heuer und Tobias Krügel redlich verdient, die jeder auf der „Führer“-Orgel und der Truhenorgel zum Gelingen des musikalischen Sommerabends beitrugen. Mal als Solisten, mal zusammen mit Flötenklängen oder auch als Duo, bei Giacomo Filippo Blumis „Canzona XII in g für zwei Orgeln“, mit der das Programm eröffnet wurde. Zum Ausklang kündigte die Blockflöten-Solistin mit schelmischem Lächeln eine besondere Zugabe an, während sie das Instrument hinter ihrem Rücken verborgen hielt – um dann, ein Gemshorn hervor zu holen, dem sie ebenfalls fröhliche Töne zu entlocken wusste.
Kirchenmusikdirektor Heinz-Hermann Grube, der, wie er selber sagt, beim Orgelsommer die Fäden zusammen hält, zeigte sich hoch zufrieden mit dem „ausverkauften Haus“ beim zweiten Konzert der Reihe in der Michaelskirche zumal das erste Konzert in Lübbecke wohl auch aufgrund der Ferienzeit nicht so viele Kinder habe anlocken können, wie erhofft. Die 1981 erbaute Michaelskirche wurde von der Martinsgemeinde an eine evangelische Gemeinde vermietet, da die Arbeit auf die Thomaskirche als Hauptkirche konzentriert werden soll. Dabei hat die Martinsgemeinde weiterhin das Recht, einmal im Monat in dem Sakralraum einen Gottesdienst zu halten.
Der Orgel-Förderverein hatte Getränke und knappe Reihen bereitgestellt und lud durch Tobias Krügel ein, den Abend in Gespräch und Austausch ausklingen zu lassen. Mitwirkende und Zuhörer nahmen dieser Einladung gerne an.