Konzert mit Clemens Bittlinger in Schnathorst

"In Krisenzeiten ist es wichtig, Menschen zu haben, die wie ein Fels in der Brandung sind". Das sagte Pastor und Liedermacher Clemens Bittlinger zu Beginn seines Konzerts in der Evangelischen Kirche in Schnathorst. Der Verein Miteinander, der sich für Integration und fairen Handel einsetzt, hatte den prominenten Musiker und seine Band eingeladen. Ob Bittlinger sich selbst als so einen Menschen sieht, blieb offen. Das zahlreich erschienene Publikum jedenfalls erlebte ihn als einen Fels in der Brandung. Allein seine Präsenz reichte aus, um seinen Fanclub vor seinen Songs mucksmäuschenstill werden zu lassen. Wenn er sang, transportierte er die Frohe Botschaft. Dabei war sein Auftritt alles andere als ein christliches Weichspüler-Programm. Er nannte die Dinge beim Namen. „Kleider machen Leute“, das altbekannte Sprichwort, wandelte er einfach um in „Leute machen Kleider“ und prangerte die Kinderarbeit in Asien an.
Schonungslos war seine Analyse unserer heutigen Gesellschaft. „Dafür dass wir in einem der reichsten Länder leben, lamentieren wir auf hohem Niveau“, lautete sein Fazit. Als Verfechter von Fair Trade Produkten (Ein Stand war vor dem Gemeindehaus aufgebaut) und sozialer Gerechtigkeit sieht er auf die Schwachen und tritt für sie ein. „Könnte ich sein, der kein Brot hat“: Mit dieser Textzeile verdeutlicht er, dass unser Reichtum auf der Armut anderer basiert. Trotzdem sind wir nicht zufrieden. Bittlinger zitierte den österreichischen Autor und Kommunikationswissenschafter Paul Watzlawick mit seinem Werk „Anleitung zum unglücklich sein.“ Wir brauchen gar keine“, so seine provokative Antwort.
Nach der Pause ähnelt sein Auftritt einem innigen Gottesdienst. Und die Zuhörer hängen an seinen Lippen. Sie kennen fast alle seine Lieder und singen mit. Es entsteht ein starkes Gemeinschaftsgefühl. Der Altarraum wird in blaues und rötliches Licht getaucht.
Die Stimmung ähnelt der, die auf großen Festivals entsteht. Sein zentrales Anliegen lautet: „Frieden für die Welt“ und zwar als echtes Anliegen und nicht als leere Parole. Bittlinger startet sogar den ernsthaften Versuch, Menschen, die nur noch kaputt machen, in ihrer seelischen und geistigen Armut zu verstehen. Den Jünger Judas zieht er zu Rate, den Verräter, auf den Jesus trotzdem nicht verzichten wollte. Bittlinger Worte sind wie geschliffene Diamanten. Er ist auch Buchautor und liest Passagen über seine Freizeiten in Irland. Den irischen Reisesegen „Sei behütet auf allen Wegen“ singt das Publikum sofort mit. Seine beiden Bandmitglieder David Plüss am Keyboard und Akkordeon sowie David Kandert am Schlagzeug sind mit dem gleichen Eifer dabei und unterstützen die Aussagen Bitlingers.
Zum Schluss wirft die Frage aller Fragen auf: Was kommt nach dem Tod? „Das letzte Hemd hat keine Taschen“, dieses Lied war von einer unglaublichen Intensität und ging unter die Haut. Wir nehmen nichts mit, wenn wir einmal die Seite wechseln, singt er und kritisiert somit die Werte unserer Wohlstandsgesellschaft. Das Publikum, dass schon während des Konzerts in Ekstase geriet, war nicht mehr zu bremsen und applaudierte so lange, bis die Musiker noch mehrere Zugaben spielten.