Großartiger Liedermacher Peter Horton in Lübbecke
„Lass das Haar mal in der Suppe“
Peter Horton gab Konzert in der St.-Andreas-Kirche / Gitarrenklang und Lesung
VON THOMAS MERTEN
Lübbecke. Auf seiner Tour „Personalissimo“ machte der österreichische Sänger und Buchautor Peter Horton im Rahmen des Kultursommers Halt in Lübbecke. Die namensgebende, persönliche Note ließ er mit Anekdoten und Musikstücken, die Szenen aus seinem Leben porträtieren, anklingen.
In der St.-Andreas-Kirche nahm Peter Horton, nur mit Gitarre, Buch und Gesangspartnerin begleitet, die etwa 60 Zuschauer mit auf eine „Reise rund um menschliche Eigenarten, Gefühle und das, was wir Gott nennen.“
„Satirisch bewegend und zärtlich zugleich“, beschrieb der Lübbecker Pfarrer Jürgen Giszas in seiner Willkommensrede den Stil des Sängers, der sein Konzept als „Philotainment“ bezeichnet. „Als Alt-68er waren meine Texte von starkem Zynismus geprägt. Zurecht, denn wir hatten hundert Finger in hundert Wunden zu legen“, so Horton. Im Laufe der Zeit änderte er seine Stilrichtung. „Kunst muss aufbauen. Um depressiv zu werden, braucht man keine Künstler.“
Der leicht satirische Witz Hortons ist dennoch hier und da herauszuhören. Wie zum Beispiel in der Geschichte um einen armen Mann, der immer inbrünstiger bis ins hohe Alter Gott anfleht, er möge ihn doch einmal im Rennlotto gewinnen lassen. Die Pointe verfehlte ihre Wirkung beim Publikum nicht, als Gott sich letztendlich doch an ihn wendet, nur um ihm zu sagen, er müsse sich nur endlich einmal einen Lottoschein kaufen.
Bekannt wurde Peter Horton auch durch seine Aphorismen, die er in seinen Büchern „Die andere Saite“ und „Die zweite Saite“ veröffentlichte. Neben Philosophien wie „Lärm suspendiert das Hören vom Dienst“ und „Überflüssige Information raubt die Besinnung“ führte der Autor viele weitere Weisheiten an, die zum Schmunzeln und Nachdenken anregten.
Kostproben gab Peter Horton ebenfalls aus seinem aktuellen Album „Wilde Gärten“ zum Besten. So riet er mit seiner charismatischen Bariton-Stimme in „Lass das Haar mal in der Suppe“ dazu, einmal alle Fünfe gerade sein zu lassen, sonst sei man am Ende der, „der die Haare auf den Zähnen trägt“.
Mit seiner Partnerin Slava Kantcheff sang er seine Stücke auch im Duett. Die Pianistin, die halb bulgarischer, halb deutsch-französischer Abstammung ist, hielt ihre Gesangsbeiträge auf Französisch ab, das dem Konzert eine künstlerisch-internationale Note verlieh. Diese gipfelte in einem Duett, indem Kantcheff den Chanson „Comme d’habitude“ vortrug und Horton mit Sinatras „My Way“ konterte. „Die beiden Stücke ergänzen sich so gut, dass es vorstellbar wird, wie das Zusammenleben zweier Menschen aussehen kann“, so der Gitarrist.
Überhaupt waren Beziehungen ein wichtiges Thema auf Hortons Konzert. „Im Grunde gehen wir ständig neue Beziehungen ein, seien sie nun partnerschaftlicher Natur oder rein koexistentieller, wenn zwei Menschen einfach einen Moment teilen.“ Dieses Bild passte sehr gut auf den intimen Auftritt Hortons, nahm er seine Zuschauer doch ein Stück weit mit in sein Privatleben, ließ sie zum Beispiel wissen, was für ein wunderbarer und wichtiger Mensch sein Vater für ihn war.
Nachdenklich und begeistert ließ Horton seine Gäste nach dem Konzert zurück – natürlich nicht ohne zwei Zugaben zu geben. Pfarrer Giszas überreichte dem Musiker zum Dank für seinen Abstecher nach Lübbecke ein Präsent. „Ich danke für die Gastfreundschaft, die mir hier zuteil wurde. Das heutige Konzert und Lübbecke werden mir in Erinnerung bleiben“, schloss Horton seinen Auftritt.
Gitarrist Peter Horton zeigt sich von seiner persönlichen Seite
Von Cornelia Müller
Lübbecke (WB). Seit fünfzig Jahren steht der Österreicher Peter Horton auf der Bühne - als Gitarrist, als Sänger, als Liedermacher. Jetzt war er in Lübbecke.
Auf seiner Tour zeigt Peter Horton viele Facetten seines Könnens - als Schriftsteller, Chansonnier und nicht zuletzt großartiger Gitarrist.
»Personalissimo - ganz persönlich« lautet das Motto von Peter Hortons aktuellem Programm. Wie weit man ihn dabei wirklich persönlich kennen lernt, weiß am Ende natürlich nur er selbst. Aber der Künstler Peter Horton präsentierte sich in diesem Konzert in vielen Facetten: als hintersinniger Schriftsteller, als Aphoristiker, als Liedermacher und großartiger Gitarrist.
Dabei gab es neben neueren Liedern von seiner 2007 erschienenen CD »Wilde Gärten« auch ein Wiederhören mit alten Chansons, die aus der Biographie des Künstlers nicht wegzudenken sind, wie »Lass das Haar mal in der Suppe« oder »Wenn Du nichts hast als die Liebe«. In all diesen Liedern spiegelt sich ein humorvoller Künstler, der eine große Liebe zu den Menschen und zur Natur in sich trägt, der für Zärtlichkeit und Verständnis wirbt und es dabei nicht verlernt hat, auch mal den Finger in die Wunden zu legen. »Vater Staat« zum Beispiel ist so ein typisches Horton-Chanson, das alles vereint: Kritik, gepaart mit Humor und einem versöhnlichen Unterton.
Wer dem Österreicher zuhörte, kam ins Schmunzeln, aber auch ins Nachdenken. So etwas gelingt nur wenigen Künstlern. Was Peter Horton aber vor vielen anderen Liedermachern weiter auszeichnet, ist, dass selbst der, der sich mehr für die Musik als für den Text interessiert, auf seine Kosten kommt. Denn Peter Horton ist ein wahrer Meister der Gitarre, der Einflüsse aus Jazz, Rhythm & Blues und spanischer Gitarrenmusik aufgesogen hat und sie in ihrer ganzen Vielfalt in seine Musik einbringt. Mit »Rock on Wood« gab er eine Kostprobe seines Funken sprühenden Gitarrenspiels, die ohne Worte auskam.
Zu einem Höhepunkt des Konzertabends geriet der gemeinsame Auftritt mit seiner langjährigen Bühnen- und Lebenspartnerin Slava Kantcheff. Zwei Textversionen einer und derselben Melodie - Paul Ankas »My Way« und das französische »Comme d'habitude« - verschmolzen zu einem eindringlichen Duett, in dem sich Kantcheffs flüsternder Sprechgesang und Hortons Stimme perfekt ergänzten. Ein weiterer Höhepunkt war »Mein Vater«. Nach dem Tod seines Vaters habe er viele Jahre gebraucht, um die passenden Worte zu finden, erzählte der Österreicher. »Ich habe alles mit dem Kopf geschrieben. Die Texte steckten voller kraftstrotzender Bilder. Aber ich habe gemerkt: Das war es nicht, worum es gegangen ist. Dann, eines Morgens, war die Zeile da, die mich geradezu ausgelacht hat: Er war, wie er war, wunderbar, weil er mein Vater war.«
WB Artikel vom 28.06.2011