Ökumene
Von Cornelia Müller
Lübbecke(WB). Mehr als 10 000 Kilometer trennen Deutschland und Indonesien, dennoch gibt es eine große Nähe zwischen den protestantischen Christen beider Staaten. Schon seit 1976 pflegt der Evangelische Kirchenkreis Lübbecke eine Partnerschaft mit dem Kirchenkreis Sibolangit im Hochland Nordsumatras, der zur protestantischen Karo-Batak-Kirche gehört.
Im April wurde dort ein neuer Bischof (»Moderator«) gewählt. Der neue Moderator Augustinus Purba hat jetzt im Rahmen einer zehntägigen Europareise auch in Lübbecke Station gemacht. Im Andreas-Gemeindehaus schilderte er am Mittwoch die Probleme, mit denen die indonesische Karo-Batak-Kirche zu kämpfen hat.
In den Jahren 2010 und 2013 war es auf der Insel Sumatra zu verheerenden Ausbrüchen des Vulkans Mount Sinabung gekommen. Zehntausende mussten fliehen. Die mehrheitlich von der Landwirtschaft lebenden Menschen konnten ihre Felder nicht mehr bestellen. Sie verloren ihre Häuser, und in den Massenunterkünften, in denen sie untergebracht wurden, wurden die familiären Strukturen, die für ihre Kultur prägend sind, auseinandergerissen. Auch 2014 und 2015 blieb der Vulkan aktiv. Immer wieder mussten Dörfer evakuiert und weitere Flüchtlinge untergebracht werden.
»Am Anfang konnten wir nur unsere Kirchen für die Flüchtlinge öffnen und ihnen etwas zu essen geben«, berichtete Augustinus Purba. Nach und nach habe die Karo-Batak-Kirche dann andere Möglichkeiten zur Hilfe entwickelt – vom Mechanikerkurs für Jugendliche bis zur Trauma-Behandlung. Ein besonders großes Anliegen sei es, die Bildungschancen für Flüchtlingskinder zu verbessern: »Die Kinder können zwar in den Orten, wo sie untergebracht sind, zur Schule gehen. Aber in den Massenunterkünften haben sie keine Möglichkeit, in Ruhe zu lernen.« Deshalb habe die Karo-Batak-Kirche inzwischen 24 »Lernhäuser« eingerichtet, in denen die Kinder gezielt gefördert werden.
»In einem offenen Brief habe ich unserem Präsidenten geschrieben, dass es nicht nur darum geht, ein Dach über dem Kopf und etwas zu essen zu haben. Die Regierung muss sich auch um die Bildung kümmern. Die Menschen haben alles verloren – ihre ganze Hoffnung auf ein neues Leben ruht auf ihren Kindern«, betonte Augustinus Purba.
Niemand könne sagen, wann die Vulkanausbrüche aufhören werden, fügte er hinzu. »Wir können nur unsere Brüder und Schwestern bitten, an unserer Seite zu stehen, und darauf vertrauen, dass Gott uns hilft.«
»Das Ausmaß der Zerstörung, das viel mehr als nur Häuser und Felder umfasst, macht betroffen. Aber es ist auch beeindruckend, wie die Karo-Batak-Kirche anpackt und Möglichkeiten für die Zukunft eröffnet«, sagte Pfarrer Eckhard Struckmeier.
Mit ihrem neuen Moderator habe die Karo-Batak-Kirche das Glück, »den richtigen Mann zur richtigen Zeit am richtigen Ort« zu haben, merkte Pfarrer in Rente Frank Buhlmann an. Bevor Augustinus Purba sein neues Amt übernahm, war er in der Diakonie tätig und hat ein – auch vom Kirchenkreis Lübbecke gefördertes – Masterstudium in Internationalem Diakonie-Management absolviert. WB 3.10Von Michael Biesewinkel
An diesem Wochenende feiern wir das Erntedankfest, um uns bewusst zu machen, dass wir Menschen nicht allein für den Erfolg der vergangenen Ernte verantwortlich sind, sondern auch Gott für die bestellten Felder danken können. Ich weiß dabei, dass viele landwirtschaftliche Betriebe auf eine möglichst gute Ernte schon deshalb angewiesen sind, um ihren Lebensunterhalt zu sichern.
Wir verlassen uns daher bei der Ernte schon lange nicht mehr nur auf Gott. Zumindest in unseren Breitengraden, müssen wir auch eher keine Angst vor Dürren oder vollständigen Missernten haben. So mag der Dank in diesen Tagen zeitweise auch etwas leiser erklingen.
Für mich persönlich bietet Erntedank die Möglichkeit, sich selbst einmal zu fragen, wie dankbar bin ich eigentlich für die Dinge, die alltäglich erscheinen. Wenn es uns in vielen Lebensbereichen gut geht, neigen wir gerade in Ostwestfalen dazu, höchstens so etwas zu sagen wie »Es war schon einmal schlechter.« Das ist dann aber auch schon oberste Schmerzgrenze an verklausulierter Dankbarkeit für eine Situation, der wir auch mit anderen Gefühlen begegnen könnten. Es fällt uns Menschen scheinbar leichter, zu klagen und sich immer noch etwas Besseres zu wünschen. Es gibt auch andere Menschen, denen ich daher besonders gern begegne.
Ich habe mir das Streben nach etwas noch Besserem persönlich weitestgehend abgewöhnt und lebe damit zufriedener. Ich gehe zumeist glücklich und dankbar in jeden neuen Tag und versuche meinen Mitmenschen auch zu sagen, wenn sie mir gut tun. Oft verwundert das die Bedachten im positiven Sinne. Ist auch das Teilen von Dankbarkeit etwa so selten geworden? Bestimmt nicht. Dankbarkeit für scheinbar Alltägliches sollten wir sicher etwas häufiger offen zeigen. Im Umkehrschluss sollten wir sicher auch nicht inflationär mit Verbundenheit und Dankbarkeit umgehen.
Es gibt auch einschneidende Momente im Leben, in denen uns Dankbarkeit schwerfällt und unangebracht wäre.
Insofern möchte ich den Aufruf des Paulus an die Gemeinde in Ephesus »saget Dank allezeit für alles Gott und dem Vater in dem Namen unsers Herrn Jesu Christi« (Epheser 5, 20) etwas abschwächen, aber dennoch dazu ermutigen, mit Dankbarkeit sich selbst und anderen gegenüber ruhig spendabler zu sein. Manchmal reicht ein Perspektivwechsel.
Die Wirkung von Dankbarkeit können wir vielfältig spüren. Sei es im Rahmen der alltäglichen Arbeit in den Einrichtungen der Diakonie, wo die begleiteten Menschen oft wortlos zeigen, dass sie die oft körperlich schwere Arbeit sehr wertschätzen. Sicher auch bei der ehren- oder hauptamtlichen Arbeit mit Flüchtlingen. Hier sind viele selbstverständliche Dinge und Momente des Alltags – sicher durch die zurückliegende Flucht bedingt – deutlich wertvoller geworden.
Wenn wir ihnen auch weiterhin offen und zugewandt begegnen, können sie leichter ein Bestandteil einer bunten und vielschichtigen Gesellschaft werden. Viele von uns tun das bereits sehr erfolgreich. Einige mehr könnten es vielleicht tun. WB 3.10