Bikertreffen
Mehr als 200 Motorradfahrer gedachten beim Bikertreffen an der Landesgrenze ihrer tödlich verunglückten Kameraden.
Anja Schubert
PR. STRÖHEN. Blitzendes Chrom, gewienerte Maschinen, lautes Motorengeknatter, plüschige Maskottchen, Qualmwolken und Lederkutten – mehr als 200 „heiße Öfen“ kannten am gestrigen Tag der Deutschen Einheit in der Region nur ein Ziel: Das Bikertreffen am Pr. Ströher Nordpunkt, mit dem der Abschluss der Saison traditionell bereits zum elften Mal gefeiert wurde.
Nicht nur einheimische Motorradfreunde und Biker aus dem näheren Umland fanden den Weg zum nördlichsten Punkt NRWs, um sich hier im Schatten des Nordpunkthauses am üppigen Frühstücksbüfett zu stärken, dass Familie Huck vom Oppenweher Moorhof bereithielt.
Die Kennzeichenvielfalt an den rund um das Nordpunktgelände aufgereihten Maschinen sprach für sich. Nicht nur zweirädrige Öfen, unter denen von A wie Aprilia bis Z wie Zündapp alles vertreten war, gab es an der Zufahrt zum Nordpunkt reihenweise zu bestaunen. Auch herausgeputzte Trikes und Quads reihten sich ebenso in die Schlange zur großen Ausfahrt ein wie die Moto Guzzi California 2 von Heinz Schneidereit, das einzige Gespann der PS-starken Zusammenkunft.
„Eine Rarität, die wird nächstes Jahr 30 Jahre alt“, so der stolze Brockumer, der neun Jahre lang selbst das Bikertreffen in Benkhausen organisierte. Altbekannte und neue Co-Piloten aus Plüsch – als Maskottchen immer ein treuer Begleiter - waren als erstes startklar, als pünktlich um elf Uhr mit Polizist Karlheinz Bollmeier an der Spitze, die Ausfahrt durch das Umland startete, die der Bikerstammtisch Pr. Ströhen ausgearbeitet hatte. Pr. Ströhen, Wehe, Rahden und ein Teile Stemwedes waren dieses Mal Bestandteil der Route, das Ziel wie jedes Jahr der Grundschulschulhof im Schatten der Pr. Ströher Immanuelkirche. Hier wurde zur Mittagszeit mit einem Open-Air-Gottesdienst, der in der vergangenen Saison bei Unfällen verstorbenen Biker gedacht. Für schwungvolle und besinnliche musikalische Umrahmung der Zusammenkunft sorgte der Chor „Vokal Fatal“ unter Leitung von Tobias Krügel.
„Bei den meisten lief die Saison rund, bei einigen überhaupt nicht“, so Wehdems Pfarrerin Sigrid Kuhlmann, selbst eingefleischte Bikerin, im Gedenken an die Verstorbenen.
Sie hielt an der Seite ihres Kollegen Roland Mettenbrink die Predigt, in der sie die Bedeutung des Rades für das Biken, aber auch als Symbol für Zeit, das Leben, für das Werden und Vergehen sowie die Unendlichkeit und die Vollkommenheit Gottes in den Mittelpunkt stellte. „Das Rad ist ein Symbol für Gott“, so die Geistliche darauf verweisend, dass nicht nur in Motorradkreisen Schutzengel immer wieder ein Thema seien. „Fordert Euer Schicksal nicht heraus, Gott lässt sich nicht durch vorsätzlichen Leichtsinn unendlich auf die Schippe nehmen.“ Nicht umsonst heiße es: Fahr nicht schneller als dein Schutzengel fliegen kann. „Der Segen, den ich ausspreche, ist kein Freibrief“, unterstrich Sigrid Kuhlmann und erinnerte an den Unfalltod eines 18-jährigen aus ihrer Gemeinde, der vor rund einem Monat für Bestürzung sorgte.
Neun Mal ließ Gemeindepfarrer Mettenbrink die Glocke erklingen, die eindringlich an je zehn tödliche verunfallte Biker erinnerte, die von März 2012 bis März 2013 ihr Leben ließen. In einer Aktion der Stille legten die Motorradfahrer zudem ein Kreuz mit ihren Helmen.
Nach der christlichen Zusammenkunft ging es für die meisten Biker zurück zum Nordpunkt, wo sie bei einer herzhaften Stärkung, strahlendem Sonnenschein und ausgiebigen Benzingesprächen den Feiertag ausklingen ließen. Anja Schubert