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Lübbecke (cm). Der Orgelsommer im Evangelischen Kirchenkreis Lübbecke ist zu Ende. Wechselhaft ist er gewesen – anders als das Wetter allerdings im allerbesten Sinne. Kein Konzert war wie das andere. Den Schlusspunkt setzte am Sonntag »Ein Hebräisches Capriccio« in der St.-Andreas-Kirche.
Capriccio: Das Wort bedeutet »Laune« oder »Marotte« und steht in der Musik für ein Stück, das formale Grenzen bewusst überschreitet. Was den israelischen Gitarristen und Komponisten Ariel Lazarus dazu treibt, musikalische Grenzen zu überschreiten, ist aber ganz sicher nicht bloß eine Laune, sondern die ganz persönliche Geschichte, die eng mit der Geschichte der Stadt Lübbecke verbunden ist.
Denn Ariel Lazarus, aufgewachsen in Israel, ist der Urenkel des letzten jüdischen Kantors von Lübbecke, Max Lazarus. Mütterlicherseits ist er in Gibraltar und in den Traditionen des sephardischen Judentums verwurzelt. All diese unterschiedlichen Einflüsse münden in seine Musik ein. »Der Orgelsommer war bisher schon bunt und vielfältig, Zum Abschluss kommt heute noch ein weiterer Farbtupfer hinzu«, kündigte Heinz-Hermann Grube dieses ganz besondere Konzert an.
Im Grunde war es aber eher eine ganze Palette an Farben, die das »Hebräische Capriccio« hinzufügte. Gerahmt von drei Orgelwerken jüdischer Komponisten (unter anderem Ernest Bloch) waren ausschließlich Kompositionen und Arrangements von Ariel Lazarus zu hören. Deren Mischung aus Ost und West, jüdischer liturgischer Musiktradition, Flamenco-Rhythmen, zeitgenössischer klassischer Musik und Jazz war für sich genommen schon aufregend und einzigartig. Noch farbenreicher wurde das Konzert jedoch durch die wechselnden Besetzungen. Mal musizierte das ganze fünfköpfige Ensemble gemeinsam, andere Stücke (zum Beispiel »Max's Landscape«, das Ariel Lazarus seinem Lübbecker Urgroßvater gewidmet hat) erklangen nur in Duo- oder Trio-Besetzung, wieder andere hatte der Komponist nur für Gitarre oder Klavier geschrieben.
Beeindruckend war auch, wie sehr die Musiker um Ariel Lazarus seine Musik zu ihrer eigenen machten. Ihnen dabei zuzuhören – Aaron Müller an der Violine, Katrin Langewellpott am Violoncello, Anja Vehling an der Klarinette und Heinz-Hermann Grube an Orgel und Klavier – war ein Erlebnis, das wohl keiner der Zuhörer so schnell vergessen wird.
Zumal das Konzert nicht nur musikalische, sondern auch geografische und geschichtliche Grenzen aufhob. Er sei nun zum vierten Mal in Lübbecke, sagte Lazarus. »Jedes Mal wird die Beziehung enger. Ich sehe den Ort als meine neue zweite Heimat an.«
Sein Programm »Ein Hebräisches Capriccio«, das auch als CD erschienen ist, wird er nun im Rahmen einer Konzertreise noch zwei weitere Male präsentieren: in der Alten Synagoge Petershagen (24. August) und in der Synagoge Beit Tikwa in Bielefeld (25. August).
Quelle: Westfalen-Blatt von Dienstag, den 23. August 2016