Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Worte der Besinnung für den 05. Oktober 2024

Pfarrerin Katharina Wortmann

Erntedank – das Fest im Herbst. Das Fest der Bauern und Landwirte.

Was können denn heute schon noch Menschen mit diesem Fest anfangen, die all ihre Lebensmittel im Supermarkt kaufen?

Es ist immer alles da. In den Regalen liegen Erdbeeren im Winter und Orangen im Sommer, Kartoffeln, Äpfel, Birnen, Bananen zu jeder Zeit. Die vielen verarbeiteten und schon fertig zubereiteten Lebensmittel: Tiefkühlpizza und Pommes, Schokolade und die verschiedensten Fertiggerichte – da wissen wir doch schon gar nicht mehr, was alles drin ist, geschweige denn, wo das, was drin ist, herkommt.

Erntedank – viele Menschen haben die Beziehung dazu verloren. Sie wissen natürlich schon, was es damit auf sich hat – das sagt ja schon der Name: Erntedank – wir danken für die Ernte und zwar nicht uns selbst oder irgendwem, sondern Gott. Soweit ist das noch klar.

Was ich aber meine: Dieses Fest ist blutleer geworden, denn wir fühlen es nicht, wir erleben es nicht mit unseren Sinnen wie die Menschen vor uns. Und wir (ausgenommen sind natürlich die Landwirte) wissen auch nicht mehr, was es bedeutet, wenn die Ernte schlecht ausfällt, denn die Supermarktregale sind trotzdem voll. Darum ist es eine Herausforderung, Erntedank wirklich zu feiern, Erntedank zu erleben, zu fühlen.

Warum ich das wichtig finde, werden Sie sich vielleicht fragen. – Es ist eine ganz unmittelbar spirituelle, religiöse Erfahrung, dankbar für das zu sein für das, was wir essen, was uns ernährt.

Nirgends sonst erfahren wir so handfest und greifbar, wie Gott unseren Körper nährt, wie Gott unser Leben erhält, dass Gott für uns sorgt. Anders gesagt: Das Essen eines Apfels kann zur Gotteserfahrung werden, wenn ich mir den Wert und das Wunder des Apfels bewusst mache.

Aus einem winzigen Kern wächst der Baum. Damit der Baum wachsen kann, braucht er gute Erde und ein tiefes Erdreich mit ausrechend Nährstoffen, in dem er Wurzeln schlagen kann. Sind die Gefahren des Kinderalters überstanden – so eine kleine Pflanze ist sehr empfindlich – braucht es noch Jahre bis er Früchte trägt. Und dann müssen noch Wind und Wetter mitspielen und die richtigen Bestäuberinnen vorhanden sein, damit aus den Blüten kleine grüne Äpfel werden, die dann, wenn sie lange genug am Baum hängen bleiben, zu prallen rot-goldenen Leckerbissen werden. Es ist ein komplexes Zusammenspiel aus unzähligen Faktoren.

Darum meine ich: Es ist ein Wunder – so ein ganz normaler Apfel. Und er steht für das große Wunder des Lebens – viele kleine, winzige Zahnräder, die ineinandergreifen, damit Leben entsteht und gedeihen kann. Und das alles bewirkt Gott in seiner unendlichen Güte und Weisheit.

Darum sage ich: Es ist eine Gotteserfahrung einen Apfel zu essen, zu riechen, wie er riecht, ihn in seiner Schönheit als Werk Gottes zu bewundern, zu staunen, wie viel für meinen Körper in ihm steckt und dabei daran zu denken, dass Gott ihn mir schenkt. Erntedank – es ist ein Wunder.


Pfarrerin Katharina Wortmann