Evangelischer Kirchenkreis Lübbecke

Worte der Besinnung für den 28. August 2021

Pfarrerin Gisela Kortenbruck

Ein Vater wurde einmal von seinem Jungen ziemlich genervt und immer wieder gestört. Damit der Vater etwas Ruhe vor dem Quälgeist hatte, nahm er eine Zeitschrift und riss ein Blatt heraus, auf dem eine Weltkarte abgebildet war. Dann zerriss er das Blatt in kleine Stücke und gab sie dem Kind: „Hier, ich habe einen Zeitvertreib für dich. Nimm die Papierstücke und setze die Welt wieder schön zusammen!“ Er glaubte, seinen Sohn damit eine längere Zeit beschäftigt zu haben. Aber sehr schnell kam der kleine Junge mit der zusammengesetzten Weltkarte wieder zurück. „Wie hast du das gemacht?“, fragte der Vater. „Es war ganz einfach“, sagte der Kleine, „auf der Rückseite war das Bild von einem Menschen, und ich brauchte einfach nur den Menschen wieder zusammenzusetzen, dann war die Welt auch wieder ganz.“

Was der kleine Junge gemacht hat, ist sehr pfiffig. Was anfangs schwer aussah, war dann doch ganz einfach gewesen, weil er einen guten, weil er einen richtigen Lösungsweg gefunden hatte. Und wie er an die Sache ranging, um sie zu lösen, darin drückt sich die Einsicht aus, die der Kleine in dem Moment mit Sicherheit noch nicht überblickte: Wenn er den Menschen wieder zusammensetzt, dann ist die Welt auch wieder ganz.
Wir wissen, dass es so einfach nicht immer ist, um die Welt wieder ganz zu machen, wenn sie kaputt ist. Aber der Kleine zeigt einen Lösungsweg. Es geht nämlich um den Menschen. Wenn er nicht mehr heil ist, dann ist es die Welt auch nicht. Zur Zeit haben wir in vielen Nachrichten und Bildern besonders deutlich vor Augen, wie zerrissen die Welt ist und mit ihr die Menschen. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, liebe Leserinnen und Leser, aber an manchen Tagen möchte ich die Nachrichtensendungen im TV gar nicht einschalten. Ich kann die Bilder von den vielen verzweifelten Menschen, von den zerstörten Städten und Landschaften gar nicht mehr verkraften.
Denn wenn die Welt kaputt ist, dann sind es die Menschen auch. An Leib und Seele zerstört, ohne Schutz und Sicherheit. Auch in unserer Welt geht es eigentlich um den Menschen. Wenn er nicht heil ist, nicht heil werden kann, kann es die Welt auch nicht – und umgekehrt. Wie zwei Seiten einer Medaille, zwei Seiten eines Papierblattes, das zerrissen ist.

Damit die Welt gesund werden kann, muss der Mensch heil werden. Wenn aus den Einzelstücken einer zerrissenen Welt ein Ganzes werden soll, dann ist es am besten, bei den Menschen anzufangen: dass wir uns gegenseitig helfen, uns wieder zusammenzusetzen. Ein Bibelvers sagt das so: „Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“ (Galater 6,2) Der Mensch wird heil, wenn er sich von Gott getragen und gehalten weiß. Er wird frei und stark, andere in ihren Nöten zu tragen und zu helfen. Die Lasten des andern in die Hand nehmen und tragen helfen, im Gebet und im ganz praktischen Tun. Dadurch werden Menschen wieder heil. Und so kann auch die Welt wieder heil werden. Gelegenheiten zum Beten und Tun gibt es jeden Tag genug.


Pfarrerin Gisela Kortenbruck