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Am Ende dieser Woche des Gedenkens an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz. Kann es einem jemals zuviel werden...? Die ständigen Ermahnungen an dieses oder jenes zu denken? Gut, jetzt wo ich älter geworden bin, finde ich es gelegentlich sinnvoll und hilfreich, wenn meine Frau mich daran erinnert, was ich mir für diesen Tag doch eigentlich vorgenommen habe und ob ich denn auch nicht vergessen habe, dass... Aber ich sage dann oft etwas anderes, nach der Melodie: „na klar, hab ich daran gedacht, für wir blöd hältst du mich eigentlich...“ Dabei wäre es mir glatt durchgerutscht, wenn meine Frau mich nicht daran erinnert hätte.
Ob das im Großen auch so geht? Man weiß eigentlich genau, dass man sich daran zu erinnern hat, was geschehen ist auf deutschem Boden und in deutscher Verantwortung. Und was man sich vorgenommen hat, damit nie mehr in unserem Namen Menschen verraten, verfolgt und vernichtet werden. Damals in den 1970er Jahren, als die Holocaust-Serie im deutschen Fernsehen lief: wie viele haben sich da vorgenommen, nie, nie mehr vergessen zu wollen. Und dann kam so vieles andere dazwischen und so vieles andere auf uns zu: die Friedensdebatte, wegen der Drohung mit dem atomaren Erstschlag in den frühen 1980er Jahren. Am Ende der 1980er Jahren die unerwartete deutsche Einheit, an deren Folgen wir immer noch herumbuchstabieren. Die Flüchtlingsbewegungen seit den 1990er Jahren: zunächst nach dem Krieg auf dem Balkan. Dann die zunehmende Globalisierung, verstärkt durch die sich rasant ausbreitende digitale Technik und schließlich die neuen, alten Fluchtbewegungen von Menschen, die ihre Heimat aus Angst vor Krieg und Umweltzerstörungen verlassen. Die Zumutungen, die Unübersichtlichkeiten hören nicht auf. Da ist es so nahe liegend, die Vergangenheit einmal vergessen und sie nicht auch noch schultern zu wollen. Es wäre dann doch vieles leichter, oder...?!
Nein! Es würde alles noch schwerer, noch viel schwerer. Denn die alte Erfahrung sagt, dass das Vergessene und Verdrängte sich einmal mit Macht zurückmeldet. Darum ist es so notwendig zu gedenken, zu erinnern. Es wirklich und ernsthaft zu tun. Nicht in einem schnell dahin geworfenen Moment der Rührung die Erinnerungspflicht abarbeiten – nach der Melodie: ja natürlich hab ich daran gedacht... aber jetzt ist wirklich mal gut. Nein. Wir haben die Pflicht mit allen Seelenkräften, die uns zur Verfügung stehen, an die Vergangenheit zu erinnern. Wir sind es unseren Kindern und Enkeln schuldig.
Schon am Ende der Wüstenwanderung, als Mose das gelobte Land vor Augen hatte, schon damals hieß es: „Gedenke des ganzen Weges, den dich der Herr, dein Gott geleitet hat, diese vierzig Jahre in der Wüste, auf dass er dich demütigte und versuchte, damit kundwürde, was in deinem Herzen wäre, ob du seine Gebote halten würdest oder nicht.“ (5. Mose 8,2)