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Kennen Sie eigentlich die Herdmanns? Diese, wie es Barbara Robinson im ersten Satz ihres 1972 erstmals erschienenen Kinderbuches »Hilfe, die Herdmanns kommen« beschreibt, »schlimmsten Kinder aller Zeiten«? Ralf, Eugenia, Leopold, Klaus, Olli und Hedwig, so heißen die sechs Geschwister, die ihre amerikanische Kleinstadt ordentlich in Atem halten und so manches Mal für Angst und Schrecken sorgen.
Wahrscheinlich sind die Herdmanns das, was heute mancher als »asozial« bezeichnen würde: Sie stehlen, lügen, rauchen, schlagen andere Kinder und brennen dann und wann auch etwas nieder, sei es absichtlich oder nur »aus Versehen«. Eins ist auf jeden Fall klar: Wo die Herdmanns auftauchen, sind Stress und Chaos vorprogrammiert.
Als die Rollen für das alljährliche Krippenspiel verteilt werden (und die Besetzung steht traditionell längst fest), sind versehentlich auch die Herdmanns anwesend – und da sie sich um die Hauptrollen bemühen und niemand ihnen zu widersprechen wagt, sind jene auf einmal da, wo sie (scheinbar) so gar nicht hingehören. Natürlich erwartet die ganze Stadt nun das schlimmste Krippenspiel aller Zeiten! Und es wird tatsächlich ganz anders als »alle Jahre wieder«.
Denn da die Weihnachtsgeschichte für die Herdmanns ganz neu ist, gehen sie so richtig mit. Sie übertragen die alte Geschichte in ihre Lebenswelt, in der ein ordentlicher Schinken als Geschenk der Weisen so viel besser ist als Weihrauch und Myrrhe. Und wenn die Wirte Josef und Maria immer so unfreundlich abweisen – was liegt da eigentlich näher, als dass Josef denen mal ordentlich zeigt, wo der Hammer hängt?
An diese frechen, ungezogenen Herdmann-Kinder musste ich denken, als ich den Spruch für die kommende Woche aus dem Philipperbrief las: »Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch! Der Herr ist nahe.« Ich soll mich also freuen. Okay, ist klar! Schließlich kenne ich die Weihnachtsgeschichte und weiß um das große Wunder der Menschwerdung Gottes. Aber: Bin ich mir der Freude über dieses Wunders wirklich bewusst, jetzt, auf der Weihnachts-Zielgeraden, wo es noch so viel zu tun, zu bedenken, zu organisieren gibt? Ich muss gestehen: Kurz vor dem Heiligabend empfinde ich so manches – aber (Vor)Freude kommt bei mir, sozusagen auch ganz traditionell, meist zu kurz.
Vielleicht geht es Ihnen da ähnlich. So wünsche ich uns allen, dass gerade heute ein Herdmann-Kind in uns erwacht, das sich die altvertraute Geschichte von Stall und Krippe ganz neu zu Herzen gehen lässt.
Ich wünsche dir und mir, dass die Weihnachtsgeschichte, so wie bei den Herdmanns, zu unserer Geschichte wird, Mögen wir uns, inmitten aller Festtags-Vorbereitung, so richtig freuen auf das Kind in der Krippe, auf die Botschaft des Verkündigungsengels, auf »Hedwig mit ihren dünnen Beinen und ihren schmutzigen Stiefeln, die unter ihrem Kostüm hervorschauten, Hedwig, die uns allen zurief: »He, euch ist ein Kind geboren!«.